|
    |
Fahrradtour USA: Fahrrad und AusrüstungVertrauen in die Technik
Das Fahrrad im Detail Die Wahl des Fahrrads war ein zentraler Teil der Vorbereitungen und beschäftigte mich mehr als ein Jahr. Ich entschied mich erst im Dezember 1998, vier Monate vor dem Start. Dass ich so viel Zeit brauchte, hat mehrere Gründe. Ich bin ein schlechter Fahrradmechaniker, so dass ich auf eine zuverlässige, sichere Technik angewiesen war. Die Vorstellung, irgendwo in der amerikanischen Prairie mutterseelenallein mit einer Panne am Strassenrand blockiert zu sein, war beängstigend. Dadurch gesellte sich zur technischen noch eine irrationale Komponente: Das Fahrrad musste nicht nur technisch sehr gut sein, sondern es musste auch gut sein wollen und durfte mich nicht im Stich lassen. Schliesslich wird das Fahrrad auf einer so langen Tour zu einem Partner, zu dem man eine enge Beziehung entwickelt. Ich verbrachte daher sehr viel Zeit in Radläden, besuchte Rahmenhersteller, unterhielt mich mit Bastlern und Fachleuten, las Tourenrad-Fachmagazine und Bücher über Fahrradmechanik und Biophysik. Phasen der Verwirrungen und Phasen der Überzeugung lösten einander ab. Je intensiver ich mich mit dieser Materie beschäftigte, umso mehr erkannte ich überhaupt mögliche Probleme. Ich überlebte mir technische Feinheiten, von denen ich bis vor kurzem gar nicht wusste, dass es sie gab. Mit der Zeit war dann aber klar, welche Art von Fahrrad mit welchen Komponenten ich kaufen wollte. Damit blieb nur noch die Frage offen, bei welchem Händler ich dieses Fahrrad kaufen wollte. Entscheidend war zuletzt das Vertrauen in den Fahrradhändler, zu dem ich seit vielen Jahren gehe: die Velowerkstatt Bern. Ihr Konzept: Man wählt einen Rahmen der Marke Aarios (handgemacht in der Schweiz) aus verschiedenen Modellen aus und stellt sich die Komponenten nach eigenen Wünschen zusammen. Mein neues Fahrrad habe ich dann etwa 500 km eingefahren; vor dem Abflug liess ich noch einen Abschlussservice machen.
Die Bilanz meines Fahrrads zum voraus: Es ist ohne eine einzige Panne und ohne einen einzigen Platten gut 6000 km quer durch die USA gefahren. Das einzige kleine Problem waren sich lösende Schrauben am Gepäckträger und an den Pedalen. Meine Ausrüstung:
Dieses Fahrrad hat (ohne Computer und ohne Taschen) Anfang 1999 knapp CH-Fr. 3000.- gekostet.
Man kann sicher auch mit einer anderen Ausrüstung und einem anderen Fahrradtyp die USA durchqueren. Unterwegs sah ich sowohl Tourenradler mit gefederten Aluminium-Mountainbikes und dicken Stollenreifen als auch solche mit Rennvelos und einem Hauch von Felgen und Reifen. Aber mich hat mein Fahrrad rundum überzeugt, und ich hätte mit keinem getauscht. Meine Überlegungen beim VelokaufIch habe sehr viel Zeit in den Velokauf investiert. Das hat sich aber auch gelohnt. Was man pro Tag während fünf bis acht Stunden braucht, muss möglichst perfekt auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sein.
Rahmen: Einen Massrahmen machen zu lassen, fand ich übertrieben und zu teuer. Da ich mich aber genau vermessen liess, meine Körpermasse kannte und mit meinem alten Fahrrad experimentierte, wusste ich ziemlich exakt, was für einen Rahmen ich brauchte. Geringe Abweichungen vom Idealmass liessen sich durch die Wahl des Vorbaus sowie durch die Sattelposition korrigieren.
Felgen/Reifen: Da ich nur auf geteerten Strassen fahren wollte, wären 28"-Räder wegen des geringeren Rollwiderstands normalerweise die übliche Wahl gewesen. Für 26"-Räder sprachen aber die bessere Stabilität und die grössere Reifenauswahl; zudem lernte ich, dass sich der grössere Rollwiderstand der 26"-Räder mit einem guten Reifen weitgehend eliminieren lässt. Im weiteren wollte ich einen Reifen, der bis San Francisco halten und möglichst wenig Platten haben sollte.
Naben, Tretlager, Schaltung, Bremsen, Kette, Kassette: Man kann von Shimano halten, was man will, aber Tatsache ist, dass XT von tadelloser Qualität ist und dass man dafür in der ganzen Welt und besonders in den USA problemlos Ersatzteile erhält. Sattel: Dieser Brooks war mein erster Ledersattel, und ich habe ihn nur auf eindringliche Empfehlung meines Fahrradhändlers gekauft. Nach der Reise - und das hätte ich auch schon nach den ersten 1000 km gesagt - sage ich: Es gibt nicht Besseres und Komfortableres als ein Ledersattel. Ich hätte ihn in jedem Velogeschäft in den USA unterwegs teuer verkaufen können. Übersetzung: Die Shimano XT-Version 1999 hat vorne drei Kettenkränze mit 44-32-22, hinten neun Ritzel von 34 bis 11 Zähne. Das kleinste und das grösste Ritzel ist aber für eine Fahrradtour vollkommen überflüssig. Im kleinsten Gang (22x34) für extreme Steigungen konnte ich das mit viel Gepäck beladene Fahrrad kaum mehr steuern und geradeausfahren damit. Den grössten Gang (44x11) brauchte ich erst ab etwa 35 km/h, und bei solchen (seltenen) Geschwindigkeiten zog ich es vor, die Beine baumeln zu lassen. SPD-Kombipedale: Die meisten Tourenbiker, die reine Klickpedale hatten, staunten über meine Kombipedale. Auf den ersten Blick sehen sie nicht professionell aus, aber ich finde sie ideal. Innerorts, auf steilen Steigungen sowie auf Abfahrten habe ich mich aus Sicherheitsgründen immer ausgeklickt. Fahrradständer: Ich liess einen Fahrradständer montieren und war damit eine grosse Ausnahme unter den Tourenbikern, die ich unterwegs traf. Aber jedes Mal, wenn ich sah, wie sie ihr Fahrrad mühsam aus dem staubigen Strassengraben heraus wieder aufstellen mussten, weil es leider schon wieder keinen Baum und keinen Zaun hatte, um das Fahrrad anzustellen, war ich froh um meinen Ständer. Licht: Ich verzichtete aus Gewichtsgründen auf eine Lichtanlage, weil ich wusste, dass ich nie nachts fahren würde; für Notfälle hatte ich eine Taschenlampe dabei. Helm: Ich habe mich zuerst dagegen gesträubt, aber schliesslich doch einen gekauft. Zu guter Letzt hat er mir sogar gefallen. Die heutigen Helme sind so leicht, dass es keine Argumente mehr dagegen gibt; ausserdem dient der Helm gleichzeitig auch als Sonnenschutz. In Wyoming, wo der Verkehr an RVs wegen des Yellowstones stark zunimmt, kaufte ich mir einen Rückspiegel, der am Helm befestigt wird; so war ich besser auf bevorstehende enge Überholmanöver vorbereitet.
Wasser: Anfangs der Reise hatte ich zwei Wasserflaschen am Rahmen und eine Flasche im Gepäck. Als die Dichte der Services in Wyoming abnahm, verdoppelte ich meine Wasserkapazität von 2 auf 4 Liter; die neuen Flaschen versorgte ich in den hinteren Taschen.
GepäckLogischerweise so wenig wie möglich, aber auch wenn man sich sehr einschränkt, halte ich weniger als 20 Kilo für unmöglich. Wenn man allein unterwegs ist, gibt es ohnehin mehr Gepäck als in Gruppen. Aus diesem Grund verzichtete ich auf Kochutensilien. Ich achtete überall auf leichte Materialien und kleine Volumen.
Mein Fahrradbekleidung bestand aus Fahrradschuhen, -socken, -hosen, zwei Fahrradleibchen, Handschuhen und Helm. (Aus medizinischen Gründen trug ich zudem immer Kniewärmer und lange, dünne, enganliegende Baumwollhosen.) Die beiden Leibchen bestanden aus Kunststoffgewebe, das kein Wasser zurückhalten kann; dadurch fühlt man sich nie schweissnass, und man erkältet sich weniger. Es ist zudem sehr praktisch zum Waschen, da dieses Gewebe etwa in einer Stunde trocknet.
Für die Tour hatte ich folgendes eingepackt:
Nichts war zuviel, und nichts fehlte mir. Mit einer Ausnahme: Zu den Veloersatzteilen gehören unbedingt Original-Ersatzschrauben.
Meine Erfahrungen mit Bikeshops sind gering, da ich nie eine richtige Panne hatte. Die wenigen Erfahrungen, die ich beim Schraubenverlust in Stroudsburg (PA), beim Kettenwechsel in Rennselear (IN), beim Kauf des Rückspiegels und Wasserflaschen in Casper (WY), beim Klicken des Pedals in West Yellowstone (MT) sowie bei diversen kurzen Pump-Stops gemacht habe, sind sehr gut. Überall wurde ich sofort und sehr zuvorkommend bedient.
Ich hatte das Glück, dass ich immer dann auf einen Bikeshop angewiesen war, wenn ich in der Nähe einer ACA-Route gefahren bin (Rensselear (IN), West Yellowstone (MT). Da die ACA-Karte jeden Bikeshop entlang der Strecke auflistet, fand ich problemlos professionelle Hilfe. Um sicher zu sein, dass es den Bikeshop noch gibt, telefonierte ich jedes Mal voraus.
Bikeshops findet man nur in grösseren Ortschaften. Eine gute Quelle für Bikeshops sind die Yellow Pages. Eine Alternative sind die Hardwarestores, die man fast in jedem Ort antrifft; sie bieten Schrauben und Werkzeuge an, die einem im Notfall weiterhelfen können.
|