Die Verkehrssicherheit
Als Velofahrer ist man in den USA ein Exot. Die Autofahrer haben sehr wenig Erfahrung im Umgang mit Velofahrern. Das äussert sich im Extremfall in zwei gegenteiligen Verhaltensweisen: Die einen fahren weiter und überholen, als wäre kein Fahrrad auf der Strasse; die andern halten irritiert hinter dem Fahrrad an und wissen nicht wie überholen. Im allgemeinen wird aber auf Velos Rücksicht genommen, aber trotzdem es kann zu heiklen Situationen kommen.
Die riesigen Trucks sind entgegen den allgemeinen Erwartungen nicht speziell gefährlich. Die Truckdrivers sind Profis und weichen weit aus wenn möglich; wenn sie aber wegen des Gegenverkehrs nicht ausweichen können, fahren sie geradeaus weiter, denn wegen eines Fahrradfahrers bremst ein Trucker nicht. In solchen Fällen kann es zu sehr gefährlichen Situationen kommen.
Die grösste Gefahr geht von den RVs (Recreation Vehicle) aus, von diesen riesigen Wohnmobilen, die oft noch ein Boot oder ein Zweitauto angehängt haben (von aufgebundenen Töffs und Velos ganz zu schweigen). Das gibt insgesamt sehr lange und sehr breite Fahrzeuge, die von Leuten gefahren werden, die im Alltag nur ein normales Auto fahren und beim Überholen von Velos ihre liebe Mühe haben, weil sie Länge und Breite ihrer eigenen Ungetüme oft falsch einschätzen.
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Die Strassenkategorien
Die Strassen, die man als Velofahrer befahren darf, sind von sehr unterschiedlicher Grösse und Qualität. Das eine Extrem, der mehrspurige, richtungsgetrennte Interstate oder Freeway, ist für Fahrräder meistens verboten und nur dann erlaubt, wenn es dazu keine Alternativstrasse gibt. Zweimal (zwischen Douglas und Caspar in Wyoming sowie zwischen Mountain Home und Boise in Idaho) konnte ich es nicht vermeiden, auf einem Interstate zu fahren. Da die Interstates aber einen breiten Pannenstreifen (Shoulder) haben, fährt man als Fahrradfahrer praktisch auf einem breiten Velostreifen direkt neben der Autobahn. Das ist zwar lärmig und überhaupt nicht schön, aber ziemlich ungefährlich.
Die nächstkleinere Strassenkategorie sind die Highways, die es in jeder Ausführung (zweispurig bis mehrspurig, richtungsgetrennt oder nicht) gibt. Sie sind für Velofahrer erlaubt, aber bei starkem Verkehrs nur dann zu empfehlen, wenn es einen befahrbaren Pannenstreifen hat. Es gibt U.S. Highways, State Highways und County Highways, aber das will nichts heissen bezüglich Grösse und Verkehr.
Kleiner als die Highways sind die County Roads, die auf den meisten Strassenkarten nicht mehr eingezeichnet sind. Sie sind höchstens zweispurig, sehr verkehrsarm und ideal zum Velofahren. Die Qualität dieser County Roads ist im Durchschnitt nicht besser und schlechter als jene der Highways. Um von den Vorteilen dieser County Roads zu profitieren, muss man sie aber überhaupt erst finden, und dazu braucht man gute Detailkarten wie den Delorme Atlas&Gazetter.
Welche Strassen man auch fährt: Es braucht dauernde Konzentration beim Fahren. Erfahrung auf der Strasse und Vertrautheit mit einem vollgepackten Velo sind ohnehin Voraussetzungen für eine solche Tour. Um nicht in eine kritische Situation zu geraten, empfiehlt sich ein Rückspiegel, um herannahende Fahrzeuge zu erkennen und auf mögliche gefährlich enge Überholmanöver (je nach Gegenverkehr) vorbereitet zu sein. Wenn ich eine gefährliche Situation vorausgeahnt oder im Rückspiegel vorausgesehen habe, bin ich präventiv zur Seite ausgewichen oder habe angehalten. Auch in Abfahrten oder Steigungen auf schmalen Strassen tut man gut daran, die Autos periodisch vorbeizulassen und sich nicht auf Hahnenkämpfe einzulassen.
Die Diskussion über die besten Strassen, über viel oder wenig Verkehr, über Highways oder Country Back Roads, ist ohnehin nur für den Osten, für die Plains von Ohio bis etwa Mitte Nebraska, relevant. Spätestens ab Wyoming gibt es nur noch eine Strasse, einen grösseren oder kleineren Highway, mit dem man sich abfinden muss. Dann kann man höchstens noch die Tageszeit (je früher um so weniger Verkehr) oder den Wochentag (Achtung vor dem Rückreiseverkehr am Sonntagnachmittag) variieren.
Die Strassenqualität ist im Durchschnitt recht gut und variiert von neu geteert bis nahezu unbefahrbar. Das hat nichts mit der Strassengrösse und dem Verkehrsaufkommen zu tun. Auf speziell schlechte Strassen muss man sich in den Städten und auf Betonplattenstrassen einstellen. Die Shoulders sind manchmal in einem besseren und manchmal in einem schlechteren Zustand als die Strasse.
Ein spezieller Hinweis verdienen die Brücken. Meistens ist die Brücke schmäler als die Strasse vor und nach der Brücke; diese Nadelöhrsituation ist gefährlich. Auf hohen und langen Brücken kann es zudem zu starken Windböen kommen, und da die Geländer meist sehr niedrig sind, ist Vorsicht geboten. Im weiteren hat es vor und nach Brücken oft sehr breite Querrinnen, die einem heftig durchschütteln können, wenn man sie nicht rechtzeitig sieht und noch abbremsen kann.
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Die persönliche Sicherheit
Die Gefahr, belästigt, überfallen oder ausgeraubt zu werden, ist objektiv schwierig einzuschätzen, aber sie ist nach meiner Erfahrung gering. Obwohl ich eher vorsichtig und misstrauisch bin, habe ich mich auf meiner Reise unter Leuten immer sehr sicher gefühlt. Dabei hat möglicherweise eine Rolle gespielt, dass ich mich fast nur auf dem Land und in kleinen Ortschaften aufgehalten habe. In solchen Gegenden schliesst vor einer Shopping Mall oder einem Grocery Store kein Mensch sein Auto ab, wenn er einkaufen geht.
Tagsüber, wenn ich unterwegs war, habe ich mein vollgepacktes Velo nie abgeschlossen. Beim Einkaufen in Grocery Stores oder Supermarkets habe ich nur die Fronttasche mit allen Wertsachen vom Velo ab- und in den Laden mitgenommen, bei Tankstellen nur das Portemonnaie. Wenn ich ausnahmsweise tagsüber in ein Restaurant ging, achtete ich darauf, dass ich durchs Fenster mein Velo sehen konnte. Nachts auf den Zeltplätzen sicherte ich das Velo an einem Baum oder am Picknick Table; wenn ich den Zeltplatz zum Einkaufen oder zum Essen verliess, schloss ich das Zelt mit einem kleinen Schloss ab. In den Motels nahm ich das Velo mit ins Zimmer.
Sicherheit gab mir auch der Gedanke, dass es absolut problemlos gewesen wäre, mich auszurauben, und es trotzdem niemand tat. Mich irgendwo auf einsamer Strecke vom Auto aus vom Velo zu stossen oder einen Stecken in die Speichen zu stossen und dann die Fronttasche abzunehmen, wäre ein Kinderspiel gewesen. Als einziges "Verteidigungsmittel" hatte ich einen Pfefferspray bei mir. Ob er etwas genützt hätte, weiss ich nicht, denn ich hatte ihn natürlich nicht dauernd in der rechten Hand einsatzbereit, sondern nur in der Fronttasche griffbereit.
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Kommunikation im Notfall
Besonders in einsamen Gegenden stellt sich die Frage, wie man in Notfällen die nationale Notrufnummer 911 erreichen kann. Die einzige Lösung ist wohl in jedem Fall ein Natel (cellular phone). Die technische Entwicklung auf diesem Gebiet verläuft aber so schnell, dass man sich auf jeden Fall vor der Abreise selber über die beste Lösung informieren muss. Abklären muss man vor allem die Gesprächsgebühren, die Stand-by-Zeit, die Reichweite, die Frequenzen und - in den USA besonders kompliziert - der Provider.
Mein Problem war, dass Ende 1998 das Natelnetz in den USA in ländlichen Regionen noch sehr dünn war. Ein Natel mit einer eigenen Nummer war deshalb sinnlos. Franziska fand dann aber heraus, dass es Natels gibt, mit denen ich von überall her in den USA irgendeine Nummer anrufen konnte; dieses Natel hatte aber selber keine Nummer, so dass ich keine Anrufe entgegennehmen konnte, was aber auch unnötig ist. Zum Glück habe ich dieses Natel nur am ersten Abend zu Testzwecken gebraucht.
Das Telefonieren ist im übrigen problemlos (wenn auch von der Tonqualität her häufig sehr schlecht). In jedem Ort gibt es öffentliche Telefonapparate.
Ich hatte vor, unterwegs regelmässig mein Email zu lesen und meinen Freunden und meiner Familie von der Tour zu berichten. Sogenannte Internet-Cafés findet man aber äusserst selten; dafür verfügen die Public Libraries, die es fast in jedem Ort gibt, über einen Internetanschluss, den man gratis oder gegen eine kleine Gebühr benutzen kann. Auf jeden Fall empfiehlt sich ein sogenanntes "Free webbased Email-Accounts", von denen es haufenweise gibt.
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Wilde Tiere
In den USA gibt es tatsächlich noch wilde Tiere. Gefährlich sind aber nur die Bären und die Büffel. Man muss sich unbedingt an die vorgeschriebenen Verhaltensregeln halten. Erstens ist mit diesen Tieren nicht zu spassen, und zweitens dürfen diese Tiere im Sinne eines sinnvollen Naturschutzes nicht an die Menschen gewöhnt werden.
Hunde sind zwar keine wilden Tiere, aber sie verhalten sich manchmal wild. Im mittleren Westen taucht hinter jedem Haus ein kläffender Hund auf; zum Glück sind sie meistens angebunden oder in Zwingern eingesperrt. Die nicht angebundenen Hunde nehmen meistens aktiv die Verfolgung auf. Ich wurde zum Glück nie gebissen, aber es dünkte mich, ich sei oft nicht weit davon entfernt gewesen. Jedenfalls haben mich Hunde zu manchem Zwischenspurt veranlasst. Sobald ich einen Hund bellen hörte und gegen mich rennen sah, habe ich mich immer aus den Pedalen ausgeklickt, um einen Fuss zur Abwehr frei zu haben (soweit ich es dann aber nie gekommen). Um zum Pfefferspray zu greifen, hätte die Zeit nie gereicht.
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