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Fahrradtour USA: Tagebuch


Von New York an den Lake Erie

1. Tag   2. Tag   3. Tag   4. Tag   5. Tag   6. Tag   7. Tag   8. Tag   9. Tag   10. Tag   11. Tag

Anreise und Start

Am Donnerstag, 6. Mai, ist es endlich soweit: Meine grosse USA-Fahrradtour von New York nach San Francisco, von der Brooklyn Bridge auf die Golden Gate Bridge, beginnt. Meine Mutter Helen begleitet mich am Morgen früh auf den Bahnhof Bern, wo wir uns verabschieden. Ich fahre mit dem Zug nach Zürich-Flughafen. Dort mache ich mein Fahrrad bereit für den Flug mit der Swissair nach New York JFK.

Nach langen Recherchen habe ich mich entschieden, nur die heiklen Stellen (Wechsel, Umwerfer, Bremsen, Lenker) zu polstern und das Fahrrad sonst "nackt" in einer Fahrradplastiktasche, die von der Swissair abgegeben wird, einzuchecken. Man soll sehen, dass es ein Fahrrad ist, damit es entsprechend sorgfältig behandelt wird; in einer Kiste sieht man nicht mehr, was darin ist, so dass keine Rücksicht auf den Inhalt genommen werden kann.

Im New York JFK nehme ich mein Gepäck und mein Fahrrad wieder in Empfang; alles scheint in bester Ordnung. Auch am Zoll und bei den Einreiseformalitäten habe ich keine Probleme, so dass ich schon bald bei der Vorfahrt stehe und auf Franziska Bernard warte, die mich abholen kommt. Ich warte draussen, um eine Zigarette rauchen zu können; mein Fahrrad und das Gepäck habe ich im Gebäude gut sichtbar direkt hinter der Glasscheibe deponiert.

Plötzlich geht ein Alarm los, Feuerwehrautos brausen vorbei, es stinkt fürchterlich schmürzelig, aber die Leute vor dem Gebäude werden nicht behelligt; man sieht auch kein Feuer und keinen Rauch. Als Passagiere aus dem Gebäude zu rennen kommen, komme ich endlich auf die Idee, mein Gepäck und mein Fahrrad zu evakuieren. Doch ich komme einen Moment zu spät. "Building's closed", ruft ein Police Officer. Ich versuche ihm zu erklären, dass mein Gepäck und mein Fahrrad drinnen sind und dass ich das alles unbedingt brauche für eine Fahrradtour. Er zeigt kein Erbarmen, so dass ich mich gezwungen sehe, an ihm vorbei ins Gebäude zu rennen. Doch der Police Officer ist trotz imponierender Körperfülle sehr flink, packt mich am Oberarm, wirft mich fast zu Boden und schreit mich an: "Building's closed." Dann versuche ich es mit unterwürfiger Demut und Hundeblick, und das funktioniert besser: Nach langem Bitten und Erklären lässt er sich erweichen und mich unter Polizeibegleitung meine Ware evakuieren.

Endlich kommt Heinz Wanzenried mit dem Auto, und wir fahren nach Bayport auf Long Island, wo ich bei Franziska Bernard übernachten und die letzten Reisevorbereitungen treffen kann. Diese Gelegenheit hat sich erst im letzten Moment ergeben und ist für mich eine so grosse Erleichterung; im (bereits gebuchten) Hotelzimmer in Manhattan hätte ich diese Vorbereitungen auch machen können, aber in einer vertrauten Umgebung fühlt man sich viel besser.

Dann der grosse Schreck: Das Fahrrad hat doch Schaden genommen im Flugzeug. Ich erinnere mich an den Werbespruch der Swissair: We care. Die vordere rechte Bremse ist verbogen, und das Vorderrad hat ein Achti. Ich gebe mir Mühe, ruhig zu bleiben. Unter Schweissausbrüchen gelingt es mir, die richtigen Speichen in die richtige Richtung zu drehen, um das Achti aus dem Rad herauszunehmen, und die Bremsen zu korrigieren. Ich habe das vorher noch nie gemacht.

Am Freitag, 7. Mai, dem Starttag, nieselt und nebelt es. Das ist nicht gerade das Wetter, das ich mir für den Start gewünscht habe. Mein neues Fahrrad ist bisher noch nie nass geworden, ich habe es immer geschont und bin nie bei Regen gefahren; das ist jetzt leider vorbei.

Dann bereits die erste Routenänderung: Ich hatte geplant, die vom ACA (Adventure Cycling Association) offiziell empfohlene Route zu nehmen. Sie verläuft von der Südspitze Manhattans mit der Ferry nach Staten Island und von dort über einen Sidewalk der Goethals Bridge nach New Jersey. Doch dann stellt sich nach einem Telefon heraus, dass dieser Sidewalk geschlossen ist; die Strasse selbst ist für Fahrräder ohnehin verboten.

Start
So unfreundlich war's später fast nie mehr: Start auf der Brooklyn Bridge am 7. Mai 1999 im Nieselregen.

Franziska Bernard und Heinz Wanzenried sind so lieb und fahren mich zuerst zur Brooklyn Bridge, wo ich mit dem leeren Fahrrad bis in die Mitte der Brücke fahre und bei Sturm und Regen für Fotos posiere. Dann laden wir das Fahrrad wieder ins Auto und fahren weiter über die Goethals Bridge nach Elizabeth NJ. Nach einem gemeinsamen Lunch verabschieden wir uns; ich packe meine Taschen aufs Fahrrad und starte im Nieselregen kurz nach Mittag meine Fahrradtour nach San Francisco - ein eher etwas surrealer Moment, der mir in der Erinnerung später noch surrealer vorkommen sollte.
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1. Tag: Freitag, 7. Mai

Strecke:
Goethals Bridge/Elizabeth NJ - South Plainfield (offizielle ACA-Route)

Wetter:
mild; Nieselregen; windstill

Distanz: 25 km   Zeit: 1,5 h   Geschwindigkeit: 16,7 km/h

Total:
Distanz:
25 km   Zeit: 1,5 h   Ø Geschwindigkeit: 16,7 km/h   Ø pro Tag: 25 km
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Der Start meiner Fahrradtour löst keine Hochgefühle aus. Ich bin ausschliesslich damit beschäftigt, mich im Nieselregen auf stark befahrenen Strassen voller Schlaglöcher in der Grossagglomeration von Newark zurechtzufinden und irgendwie in das vorgebuchte Motel in South Plainfield zu kommen. Nach wenigen Kilometern muss ich bereits den Lenker festschrauben, weil er sich in einer scharfen Kurve von selbst gelöst hat. Ausserdem funktioniert der Fahrradcomputer nicht, was mich extrem ärgert; ich brauche ihn unbedingt und sehe mich bereits orientierungslos durch die einsamen Ebenen im Westen irren. Ich komme mir ziemlich alleine vor, aber es kommt mir nichts Anderes in den Sinn, als schicksalsergeben weiterzufahren.

Tatsächlich komme ich irgendwie in diesem Motel (Ramada Inn, das einzige im Ort, daher teuer mit 66 $) an und kann mein Fahrrad zum Glück aufs Zimmer nehmen. Ich trockne meine Kleider und bringe den Computer wieder zum Funktionieren; es hat sich nur der Magnet an der Speiche etwas verschoben. Dann teste ich mit Franziska das Notfall-Natel, das zum Glück bestens funktioniert.

Ich bin wieder etwas zuversichtlicher: Von jetzt an sollte meine Ausrüstung funktionieren und keine Schäden mehr auftreten. In einem Restaurant nebenan gönne ich mir eine Pizza, die so gross ist, dass die Hälfte davon morgen mein Picknick sein wird.

Bilanz des ersten Tages: Never start a bicycle tour in New York City! Es ist aufreibend und mühsam, sogar wenn man soviel Unterstützung erhält wie ich. Ohne Franziska Bernards und Wanzenrieds Hilfe wäre es ganz elend mühsam gewesen. In New York City hat noch nie jemand auf einen Biker gewartet, der hier seine Fahrradtour mit Sack und Pack starten will.

Ebenfalls zu beachten: der Jet lag. Im späten Nachmittag befällt mich eine grosse Müdigkeit. Darauf sollte man bei der Planung der ersten Tage Rücksicht nehmen.
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2. Tag: Samstag, 8. Mai

Strecke:
South Plainfield - Bernardsville - 525 - Mendham - 510 - Chester - 513 - Long Valley - Hackettstown - 46 - Columbia - State Border NJ/PA (Delaware River) - Portland - 611 - Delaware Water Gap

Wetter:
mild; am Morgen Nieselregen, ab Mittag trocken, nachmittags Regenschauer; windstill

Distanz: 112 km   Zeit: 5,8 h   Geschwindigkeit: 19,3 km/h

Total:
Distanz:
137 km   Zeit: 7,3 h   Ø Geschwindigkeit: 18,8 km/h   Ø pro Tag: 69 km
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Der erste richtige Tag der Tour beginnt mit einer langen, mühsamen Fahrt durch die Agglomeration Newark, die sich bis etwa Bernardsville erstreckt. Meine Karten sind zu wenig detailliert, um bei jeder Abzweigung sicher entscheiden zu können, welche Richtung ich einschlagen muss; von New Jersey gab es 1998 noch keinen Delorme Atlas&Gazetter. Ich frage die Leute oft nach dem Weg, fahre nach Gespür und Himmelsrichtung und gelange auf diese Weise erstaunlich gut auf die Strasse nach Mendham; von dort ist es dann kein Problem mehr, den richtigen Weg zu finden.

Überraschend ist das ständige Auf und Ab quer über Täler und Hügel; die kurzen Abfahrten und (zum Teil kurzen, aber steilen) Aufstiege lassen mich keinen Rhythmus finden. Deshalb weiche ich von der ursprünglich geplanten Route über Hope ab, weil ich dort weitere Hügel und Täler vermute und fahre auf dem Hwy 46 dem Fluss entlang an den Delaware River und an die Staatsgrenze nach Pennsylvania. Tatsächlich ist diese Strasse angenehm und erst noch landschaftlich schön zum Fahren. Dort wird endlich auch das Wetter besser.

Staatsgrenze
Erste Staatsgrenze: auf der Brücke über den Delaware River zwischen New Jersey (links) und Pennsylvania (rechts).

Über den Delaware River hat es bei Columbia zwei Brücken: den I 80 (mit Bridge Toll) für den motorisierten Verkehr und etwa 300 m weiter nördlich eine Brücke für Fahrräder und Fussgänger. Ich lasse mich auf der Brücke fotografieren; schliesslich habe ich bereits einen US-Bundesstaat durchquert.

Von New Jersey habe ich allerdings nicht viel gesehen; der Nieselregen und der Nebel haben mir die Sicht verdeckt. Soviel ich gesehen habe, scheint dieser Staat im wesentlichen aus gepflegten Einfamilienhäusern mit Umschwung zu bestehen, so dass mich die Bezeichnung "Garden State" für New Jersey korrekt dünkt. Ich bin kilometerweise diesen Häusern entlang gefahren und hatte keine Chance, auch nur ein kleines Plätzchen für eine kleine Pause zu finden, da überall Schilder "Private Property. No Tresspassing. Keep Out" stehen.

Das Delaware Water Gap ist eine tiefe Schlucht mit Wasserfall. Als ich in die Tiefe hinunterschaue, beginnt es plötzlich heftig zu regnen. Während ich unter einem Baum warte, bis der Regen etwas nachlässt, fährt ein Biker auf einem Rennrad zu mir, und wir kommen ins Gespräch. Er bewundert die Idee dieser Fahrradtour und gratuliert mir dafür, dass ich den Mut habe, überhaupt mit dieser langen Reise zu beginnen, ganz egal, wie weit ich käme. Er fragt nach meinem Namen und will am Abend seinen Kollegen von meinen Tourplänen erzählen.

Auch alle anderen Kontakte mit den Amerikanern in diesen ersten Tagen sind sehr erfreulich: Die Leute sind immer sehr nett, hilfreich, unkompliziert. Wenn ich aber sage, wohin ich fahren will mit dem Fahrrad, ernte ich meistens ein etwas ungläubiges Staunen. Sie lächeln höflich-verlegen oder erlauben sich manchmal die Frage "Are you serious?" oder "Are you kidding?".

Abends hat es in Delaware Water Gap keine Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten, und weiterfahren mag ich nach dem langen Tag nicht mehr; so beisse ich in den teuren Apfel (erneut Ramada Inn, 75 $). Dafür finde ich im Ort ein gutes Restaurant mit Live-Jazz (Deer Head Inn). Leider bin ich schon nach dem ersten Set bettreif.
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3. Tag: Sonntag, 9. Mai

Strecke:
Delaware Water Gap - Stroudsburg - 611 - Swiftwater - 314 - Pocono Summit - 940 - Blakeslee - 115 - Wilkes-Barre

Wetter:
mild bis warm; teilweise bewölkt; leichter Gegenwind

Distanz: 92 km   Zeit: 5,4 h   Geschwindigkeit: 17,0 km/h

Total:
Distanz:
229 km   Zeit: 12,7 h   Ø Geschwindigkeit: 18,0 km/h   Ø pro Tag: 76 km
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Böses Erwachen am Sonntag morgen: Am Gepäckträger hinten links fehlt die Verbindungsschraube zum Rahmen. Wie lange diese Schraube schon fehlt, weiss ich nicht; sicher ist nur, dass ich ohne sie nicht weit komme. Im Motel haben sie keine Ahnung, wo der nächste Bikeshop sein könnte. Ich flicke notdürftig mit Draht, fahre vorsichtig und schlecht gelaunt ab.

Doch ich habe Riesenglück: Eingangs Stroudsburg fahre ich um 8.55 Uhr an einen Bikeshop heran, der sonntags um 9 a.m. öffnet. In einer Schachtel mit Schrauben und Muttern findet der wortkarge Mechaniker eine Schraube, die ins Gewinde des Rahmens passt, und eine Mutter, die auf die Schraube passt. Ich checke noch rasch den Pneudruck (5 bar sind 70 pounds), gebe 5 $ Trinkgeld (was der Mechaniker kaum annehmen will, offenbar ist es viel) und fahre entspannt weiter.

Bei der Ausfahrt aus Stroudsburg wird es mit dem I 80 und dem parallel dazu verlaufenden Hwy 611 mühsam; zweimal lande ich auf dem Interstate und muss auf dem Pannenstreifen wieder zurückfahren. Mein Fehler ist, dass ich beim Wegweiser "To I 80" das "To" übersehe und deshalb meine, ich dürfe auf dieser Strasse nicht fahren. Danach habe ich die Wegweise immer genau gelesen und habe nie mehr Probleme mit dem Weg gehabt. Wenn man sich einmal an die Art der amerikanischen Wegweiser gewöhnt hat (keine Ortschaften, sondern meist nur Strassennummer oder -namen), findet man sich problemlos zurecht.

Die Fahrt durch die Pocono Mountains bringt landschaftlich wenig. Man hat nie freie Sicht über die Landschaft, da man nie aus den hügeligen Wäldern herauskommt. Der Pocono Summit (550 m) entpuppt sich als ehemalige Bahnstation und stillgelegtes Restaurant ohne Aussicht. Das war der Aufstieg nicht wert.

Auf der Fahrt nach Blakeslee wird es landschaftlich schöner, aber das hickhackartige Auf und Ab in jeden Creek hinunter und wieder hinauf zermürbt mich, zumal ich von gestern schwere Beine habe. Der höchste Punkt an diesem Tag ist der Übergang über die Wyoming Mountains auf dem Sullivan Trail (590 m).

Ich habe heute schätzungs- und gefühlsmässig über 1000 Höhenmeter gemacht, viel mehr als erwartet. Der Grund liegt darin, dass die Äquidistanz beim Delorme-Atlas für Pennsylvania 50 m beträgt, so dass viele kleine Höhenunterschiede nicht erkennbar sind. Wenn ich mich zum x-ten Mal an einem Tag an einem kleinen steilen Aufstieg in einem der kleinsten Gänge abmühe, frage ich mich oft, ob das jetzt wirklich die grosse Kontinentsdurchquerung sein soll, die ich während so langer Zeit vorbereitet habe. In solchen Momenten ist der Kontrast zwischen meinem aktuellen Gemüts- und Kräftezustand und der ambitiösen Idee einer Coast-to-Coast-Tour sehr gross.

In Wilkes-Barre suche ich etwa eine Stunde lang die EconoLodge (die mit 46 $ relativ günstig ist); die Wegbeschreibung ist nur für Interstate-Autofahrer brauchbar. Wieder einmal zeigt sich, dass viele scheinbar kleine Dinge viel Zeit und Nerven beanspruchen können: kleine Fahrradpannen, Einkaufen, Motel suchen usw.
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4. Tag: Montag, 10. Mai

Strecke:
Wilkes-Barre - 11 - Exeter - 92 - Tunkhannock - 6 - Slumber Valley Campground bei Meshoppen

Wetter:
sonnig und warm; zeitweise starker Gegenwind

Distanz: 68 km   Zeit: 4,0 h   Geschwindigkeit: 17,0 km/h

Total:
Distanz:
297 km   Zeit: 16,7 h   Ø Geschwindigkeit: 17,8 km/h   Ø pro Tag: 74 km
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Nach Rückfrage beim Motelpersonal entscheide ich mich, nicht wie ursprünglich geplant über den Hwy 309 aus Wilkes-Barre Richtung Tunkhannock zu fahren, sondern über den Hwy 11 via Exeter. Das ist zwar 10 km länger, aber flacher und weniger verkehrsreich. Der Hwy 309 ist vierspurig, stark befahren und führt von Wilkes-Barre aus gut sichtbar über einen hohen Hügel. Davon habe ich vorerst genug; der Hwy 11 nach Exeter führt dafür durch Stadtgebiet und will und will nicht enden.

Susquehanna
Blick ins Tal des Susquehanna River, wo der Highway 6 durchführt.

Schön wird es endlich, als ich nach Exeter ins Tal des Susquehanna River einbiege (Hwy 92) und bis Tunkhannock flach dem Fluss entlang fahre. Ab Tunkhannock fahre ich auf dem Hwy 6 (der die ganzen USA durchquert); der Verkehr nimmt auf dieser Strasse stark zu. Die Fahrt wird immer mühsamer, vor allem als es steil über den Russell Hill geht und durch viele enge Baustellen geht.

Erstmals übernachte ich auf einem Campground im Slumber Valley kurz vor Meshoppen. Der Campground ist so gut wie leer, und ich bin - abgesehen von einigen RVs - der einzige auf dem Campground (das sollte fast die ganze Tour so bleiben). Ziemlich problemlos stelle ich das Zelt zum ersten Mal auf. Zum Einkaufen muss ich noch vier Meilen nach Meshoppen hinunterfahren (und danach wieder hinauf).

Die Moral ist ein bisschen angeschlagen, vor allem weil das linke Knie heute zu schmerzen begonnen hat, und zwar nicht auf der Aussenseite, wo es mir während des Trainierens in der Schweiz weh getan hat, sondern direkt unter der Kniescheibe. Nach dem Telefon mit Franziska hebt sich die Stimmung.

Abends mache ich eine mittelfristige Pennsylvania-Planung; schon hier, in diesem dicht besiedelten Gebiet, drängt sich eine mehrtägige Streckenplanung auf. Aufs Geratewohl loszufahren und gegen Abend nach Übernachtungsmöglichkeiten Ausschau zu halten, funktioniert nicht, weil die Distanzen zwischen einzelnen Orten, Zeltplätzen und Motels zu gross sind.
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5. Tag: Dienstag, 11. Mai

Strecke:
Slumber Valley Campground bei Meshoppen- 6 - Wyalusing - 187 - Riverside Acre Campground bei Wysox

Wetter:
sonnig und warm; leichter Gegenwind

Distanz: 48 km   Zeit: 2,8 h   Geschwindigkeit: 17,1 km/h

Total:
Distanz:
345 km   Zeit: 19,5 h   Ø Geschwindigkeit: 17,7 km/h   Ø pro Tag: 69 km
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Am Morgen komme ich kaum weg vom Campground; bis das Zelt endlich trocken ist, wird es 10 Uhr. Das muss sich noch bessern. Der heutige Tag ist ein Erholungstag fürs Knie. Zudem würde Weiterfahren ohnehin kaum etwas bringen, weil in zwei Tagen eine Grossetappe von über 100 km von Coudersport nach Warren unumgänglich ist.

Der Hwy 6 ist bisher und auch heute äusserst mühsam zu befahren; es hat viel Verkehr, die Strasse ist eng und hat keine oder nur schmale Shoulder, und zu schlechter Letzt geht es immer Hinauf oder Hinunter. Die Frau vom Campingground bei Meshoppen hat mir den guten Tip gegeben, von Wyalusing bis Wysox Hwy 187 zu nehmen. Dort hat es tatsächlich viel weniger Verkehr, ausserdem ist es flacher.

Das Knie hält besser als erwartet; ich hoffe, es wird die heutige Schonung verdanken und morgen wieder vollständig restauriert sein. Ich kann schliesslich nicht jeden Tag Ponstan und Traumeel wie Traubenzucker schlucken.

Der Riverside Acre Campground ist sehr schön, aber menschenleer. In der Laundry wasche ich erstmals meine Kleider. Da ich kein geübter Camper bin, braucht leider alles sehr viel Zeit. Hier habe ich aber grosses Glück, dass die Campground-Frau mir anbietet, auf ihrem Einkauf in Wysox auch noch für mich einzukaufen. Zudem brauche ich kein Picknick, denn vorne an der Strassenkreuzung hat es eine Beiz fürs Nachtessen.

Es ist eine ziemlich heruntergekommene Spelunke mit etwas seltsamen Typen, die grosse Augen machen, als ich auf ein Bier hereinkomme. Ich werde nach Woher und Wohin und Warum ausgefragt; aus Anerkennung für mein Vorhaben spendiert mir der Wirt ein Bier. Abends gehe ich dort Nachtessen (wobei die Küche nur aus einer Friteuse besteht, aber das sollte noch oft der Fall sein), und die Leute sind etwas grobschlächtig, aber sehr herzlich. Die Frau des Wirts kocht mir extra grosse Portionen, damit es morgen für ein Picknick reicht. Wer neu an die Theke tritt, wird vom Wirt und seiner Frau sogleich über mich und meine Reise informiert; man spendiert mir das Bier. Es herrscht allgemeine Begeisterung über meine Tour, obwohl es ein Mann kaum glauben kann. "No shit?", fragt er ungläubig immer wieder und kann's kaum fassen. Alle faseln durcheinander, und auch wenn ich mir Mühe gebe, verstehe ich sie schlecht. Aber sie sind sehr herzlich und rühmen sich dessen auch selbst: Hier auf dem Lande sei das noch anders als in der Stadt, und damit meinen sie wahrscheinlich das Provinznest Towanda. Zum Abschied schütteln mir der Wirt und seine Frau und einige Gäste die Hände, wünschen mir alles Gute, "a safe trip" und "take care" und geben mir als Glücksbringer zwei Spieljetons mit.
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6. Tag: Mittwoch, 12. Mai

Strecke:
Riverside Acre Campground bei Wysox - 6 - Towanda - Troy - Mansfield - Wellsboro

Wetter:
sonnig und sehr warm; fast kein Wind

Distanz: 93 km   Zeit: 5,1 h   Geschwindigkeit: 18,2 km/h

Total:
Distanz:
438 km   Zeit: 24,6 h   Ø Geschwindigkeit: 17,8 km/h   Ø pro Tag: 73 km
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Mein erster Supertag auf dieser Tour: Ab Towanda nimmt der Verkehr auf Hwy 6 stark ab, und bis Mansfield ist die Strasse ziemlich flach. Nachher folgt wieder das gewohnte hickhackmässige Auf und Ab. Wichtig ist vor allem, dass ich gar keine Knieschmerzen verspüre. Trotz einigen hundert Höhenmetern komme ich auf einen ansprechenden Speed.

Es ist eine schöne Gegend, alles blüht, es herrscht richtige Frühlingsstimmung. Die Leute, die hier sehr freundlich und ziemlich gesprächig sind, sprechen von Mountains, ich würde von Hügeln sprechen; alles ist bewaldet. In Wellsboro herrscht ein ziemlich reger Betrieb; das Städtchen scheint das Zentrum der Gegend zu sein und Ausgangspunkt für die ganze Recreation-Industrie der Region: Fishing, Golf, Hunting, Trekking, Camping und den Pennsylvania Grand Canyon.

In Wellsboro erkundige ich mich beim Chamber of Commerce nach Übernachtungsmöglichkeiten. Ich werde gut beraten und entschliesse mich nach zweimal Zelten wieder für ein Motel (Sherwood Motel, 37 $). Zum Zeltplatz wäre es noch 15 km gewesen, und um das wäre die morgige Fahrt kürzer gewesen, was für die Belastung des Knies Unsinn ist. Ausserdem kann ich meinen Sonnenbrand an den Unterarmen besser pflegen und mich wieder einmal gemütlich ausruhen. Abends gibt es ein kurzes Gewitter. Beim Spaziergang durch Wellsboro nach dem Steak-Abendessen entdecke ich erstmals ein Internet-Cafe, das aber leider schon geschlossen ist.
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7. Tag: Donnerstag, 13. Mai

Strecke:
Wellsboro - 6 - Ansonia - "Grand Canyon" (West Rim, Colton Point State Park) - Ansonia - Galeton - Coudersport - Old Tee Pee Campground

Wetter:
sonnig und warm; leichter Rückenwind

Distanz: 92 km   Zeit: 4,5 h   Geschwindigkeit: 20,4 km/h

Total:
Distanz:
530 km   Zeit: 29,1 h   Ø Geschwindigkeit: 18,2 km/h   Ø pro Tag: 76 km
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Schon wieder ein gelungener Tag. Es ist etwas weniger heiss als gestern, und im Durchschnitt bläst ein leichter Rückenwind, so dass ich recht schnell unterwegs bin. Zudem ist es die bisher flachste Etappe. Da ich schnell unterwegs bin und nicht eine sehr lange Strecke vorhabe, leiste ich mir den Luxus und fahre von Ansonia aus eine steile Strasse zum Overlook über den Grand Canyon von Pennsylvania hinauf (ca. 300 m Höhendifferenz) und wieder dieselbe Strecke zurück. Die Wortwahl ist lokaler Grössenwahn: Der Grand Canyon von Pennsylvania ist nicht viel mehr als ein tiefes, enges und bewaldetes Flusstal, dem die Dramatik des richtigen Grand Canyon vollständig abgeht.

Grand Canyon
Der "Grand Canyon" von Pennsylvania.

Nach Wellsboro fährt man durch eine Talebene, umgeben von bewaldeten Hügeln, die wenige hundert Meter höher sind als der Talboden. Der anstrengendste Teil der heutigen Fahrt führt über den Denton Hill Summit (730 m), aber die Strasse ist sehr gut angelegt, so dass dieser Pass kein Problem ist. Es ist viel einfacher und angenehmer, während einer gewissen Zeit eine Strasse im gleichen Rhythmus hochzufahren, als dieselbe Höhendifferenz im Hickhack-Auf-und-Ab-Stil zu überwinden.

Je weiter ich nach Westen komme, umso einsamer wird die Gegend. Erstmals kommt es vor, dass minutenlang kein Auto vorbeifährt.

Die Leute sind sehr freundlich, wenn man sie etwas fragt. Oft schütteln sie mir die Hand, um mir auf meiner Fahrt alles Gute zu wünschen. In Coudersport fragt mich ein junge Frau, ob ich irgendetwas brauche. Solche kleinen, aber herzlichen Begegnungen geben mir ein gutes Gefühl; ich fühle mich bisher gut aufgehoben und willkommen in diesem Land.

Nach Coudersport fahre ich noch 10 km weiter auf den Old Tee Pee Campground, damit die morgige Fahrt nach Warren etwas kürzer wird. Der Campground ist in Ordnung, die Beiz nebenan einmal mehr der Inbegriff für die amerikanische Esskultur auf dem Land: Alles, was warm serviert wird, ist fritiert.
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8. Tag: Freitag, 14. Mai

Strecke:
Old Tee Pee Campground - 6 - Port Allegany - Smethport - 59 - Marshburg - Warren - 6 - Youngsville

Wetter:
warm; bedeckt; leichter Rückenwind

Distanz: 119 km   Zeit: 5,9 h   Geschwindigkeit: 20,2 km/h

Total:
Distanz:
649 km   Zeit: 35,0 h   Ø Geschwindigkeit: 18,5 km/h   Ø pro Tag: 81 km
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Schon wieder ein Super-Tag ohne Probleme! Hüglig mühsam ist nur die Strecke zwischen Port Allegany und Smethport. Dafür ist Hwy 59 sehr schön; nach einem Aufstieg führt er durch eine Hochebene mit hochmoorartiger Vegetation. Es hat fast keinen Verkehr, und zudem unterstützt mich ein leichter Rückenwind.

Kurz vor Marshburg fährt ein Autofahrer neben mich auf meine Höhe, nimmt mein Tempo an, lässt die Scheiben hinunter und fragt, wohin ich fahre. Solche Begegnungen sind ziemlich typisch: kurz, spontan, herzlich und unverbindlich.

Dann komme ich zum Allegheny Stausee, National Forest und zum Kinzua Dam. Touristisch ist um diese Jahreszeit noch gar nichts los; der Visitor Center ist geschlossen, der See ist leer.

In Warren angekommen, würde ich gerne noch ein bisschen weiterfahren, da es erst 15 Uhr ist und ich gut in Form bin. Einmal mehr zeigt es sich, dass es lohnend ist, sich beim Tourist Office oder Chamber of Commerce zu erkundigen. Oft habe ich bei diesen Ämtern nützliche Dinge (Unterkunft, Strassenverhältnisse, Verpflegung usw.) erfahren, nach denen ich gar nicht gefragt habe, weil die meistens sehr hilfsbereiten Angestellten von sich aus daran dachten.

In Warren checkt die Angestellte telefonisch alle Motel-Rates für mich durch und empfiehlt mir schliesslich das Edgewood Motel in Youngsville. Dort lande ich nach einer grausamen Fahrt über den vierspurigen Betonplatten-Hwy 6. Entgegen ihrer Beschreibung befindet sich das Motel deutlich westlich von Youngsville. So weit wollte ich gar nicht, und ich ärgere mich vorerst über die Angestellte im Tourist Office. Zudem ist dieses Motel ziemlich heruntergekommen, das Office versinkt im Papierchaos, die Schlüssel passen nicht zum Zimmer, in denen es seltsam riecht. Gross ist mein Erstaunen, als die Chefin mit einer grausam-verstaubten Perücke meine Kreditkarte annimmt und unter einem Riesenberg Papier die Online-Kreditkartenmaschine befreit, routiniert meine Karte durchzieht und mir das Receipt zum Unterschreiben gibt.

Die Stimmung bessert sich am Abend, als ich im erstaunlich gepflegten Restaurant des Edgewood Motels gut esse und vom Chef mit ein paar Witzen über Bill (Clinton) und Monica (Lewinsky) unterhalten werde. Zudem rät er mir vom Hwy 62 von Warren nach Franklin ab, da der Verkehr sehr stark und die Strasse sehr eng sei. Es sei besser und erst noch kürzer, über Hwy 6 und 27 nach Titusville zu fahren. Somit brauche ich morgen nicht zurück nach Warren zu fahren, sondern habe heute gute Vorarbeit für morgen geleistet. Mein Ärger legt sich deshalb vollends, und ich bin froh, dass sich alles vermeintlich Negative an diesem Abend noch ins Positive gedreht hat.
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9. Tag: Samstag, 15. Mai

Strecke:
Youngsville - 6 - Pittsfield - 27 - Titusville - 27 - 173 - Cochranton - Milledgeville - Goddard Park Vacationland Campground bei Sandy Lake

Wetter:
warm bis heiss; leichter Rückenwind

Distanz: 99 km   Zeit: 5,7 h   Geschwindigkeit: 17,4 km/h

Total:
Distanz:
748 km   Zeit: 40,7 h   Ø Geschwindigkeit: 18,4 km/h   Ø pro Tag: 83 km
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Schöne Blueschtfahrt durch Pennsylvania, spätestens von Titusville an wieder sehr hügelig. Ich fahre bewusst ziemlich passiv, da ich wieder starke Knieschmerzen habe. Die Route über Titusville scheint sich insgesamt gelohnt zu haben; sie war mindestens 10 km kürzer und der Verkehr sehr mässig.

Wieder erlebe ich an diesem Tage etliche schöne Begegnungen. Beim Breakfast in einer Spelunke am Hwy 6 kurz nach Youngsville zeigt sich die Wirtin so lautstark begeistert über meine Tour, dass sich ihr Mann hinter der Theke demonstrativ nicht für mich interessiert. Unterwegs lässt ein Sunnyboy in seinem Auto die Scheiben runter, erkundigt sich nach Weg und Ziel und ruft mir "Bring me a Pepsi back from San Francisco" nach. An einer Tankstelle in Cochranton lässt mich ein Mann fast nicht mehr losfahren; er will für mich telefonieren wegen Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung des Campingplatzes und hätte mich gerne zum Essen und Übernachten eingeladen, wenn er nicht in der falschen Richtung gewohnt hätte.

Etwas müde lande ich schliesslich auf einem riesigen Campingplatz, der platschvoll mit RVs und Leuten sind, die im mitgeschleppten Auto oder auf Elektro-Golfwägelchen auf dem Campingplatz herumkurven und sich abends in der Hall zur Animation treffen. Man merkt, dass Weekend ist. Nach den bisher immer praktisch leeren Campingplätzen muss ich mich umgewöhnen. Die Infrastruktur ist tiptop, der Betrieb laut. Hier hat es eine Riesenlaundry, wo ich wieder wasche, einen relativ grossen Grocery Store und sogar ein kleines Restaurant, wo ich eine Pizza esse und dabei mit einem Bauern aus Pennsylvania diskutiere. Er hat 200 Milchkühe, gehört damit zu den kleineren Betrieben und macht alles mit seinem Vater und seinen (noch jungen) Söhnen allein; ein Angestellter wäre zu teuer.
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10. Tag: Sonntag, 16. Mai

Strecke:
Goddard Park Vacationland - Lake Wilhelm Road - 358 - Greenville - 846 - Orangeville - State Border PA/OH - 609 - 7 - 305 - Champion - Southington - Hiram - Aurora - 43 - Sea Lake Resort Campground

Wetter:
warm, teilweise bewölkt; leichter Rückenwind aus Südost

Distanz: 120 km   Zeit: 5,9 h   Geschwindigkeit: 20,3 km/h

Total:
Distanz:
868 km   Zeit: 46,6 h   Ø Geschwindigkeit: 18,6 km/h   Ø pro Tag: 87 km
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Bis zuletzt, bis zur Staatsgrenze, zeigt sich Pennsylvania von seiner typisch-hügeligen Seite. An der Grenze zu Ohio fühle ich erstmals ein bisschen Stolz, schon so weit gefahren zu sein. Ich wechsle die Karten, schreibe den Kilometerstand und die Zeit auf, um eine Bilanz für Pennsylvania ziehen zu können - ein Ritual, das sich noch einige Male wiederholen sollte.

Staatsgrenze
Noch nicht einmal 1000 km: In Ohio wurde es endlich flach.

Beim Schild "Ohio Welcomes You" halte ich nach jemanden Ausschau, der mich fotografieren könnte. Es geht nicht lange, bis ein Mann anhält und fragt: "Are you lost?", da ich gerade am Kartenlesen bin. Es sei eine Pleasure für ihn, ein Foto zu machen.

Nach der Staatsgrenze geht's dank Rückenwind und topfebener Strasse flott voran; nach Southington wird es aber wieder hügelig. Beim Mosquito Lake State Park komme ich mit einem Mann ins Gespräch; er fragt mich, ob ich manchmal von Leuten belästigt werde. Ich bin erstaunt über die Frage, die mir später i Laufe der Tour noch einige Male gestellt werden sollte. Offenbar kümmern sich die Amerikaner um den Ruf ihres Landes und ihrer Landsleute und sind besorgt, ich könnte nicht anständig behandelt werden.

An einem Payphone an einer Kreuzung in Southington telefoniere ich mit Alfred, Nadja und Elisabeth; oft werden wir von ganzen Staffeln von Harley Davidson-Pulks unterbrochen, die auf ihrer Sonntagsfahrt sind.

Der Yogi Bear-Campground kurz vor Aurora ist leider noch geschlossen, so dass ich weiterfahren muss. Relativ spät komme ich endlich beim Sea Lake Resort Campground nordwestlich von Aurora an und muss angesichts fehlender Alternativen und Zeit die Ungeheuerlichkeit von 28 $ für einen Tent Space bezahlen. Mühsam ist, dass der Grocery Store praktisch leer ist, so dass ich weit fahren muss zum Einkaufen, und dass die sanitären Anlagen im Unterschied zu allen bisherigen Campgrounds deutlich weniger sauber sind. Ich rege mich wieder einmal grässlich auf, vor allem als noch eines der beiden Telefone kaputt ist und ich lange auf das Abendtelefon mit Franziska warten muss.
Bilanz New Jersey/Pennsylvania
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11. Tag: Montag, 17. Mai

Strecke:
Sea Lake Resort - 43 - Aurora - 82 - Strongsville - 82 - 57 - Strasse parallel zu 20/10/301 - Butternut Ridge Road - Garfield Road - Florence - Joppa Road - Lake Erie/Beulah Beach - 6 - Huron

Wetter:
heiss; starker Seitenwind aus Süd

Distanz: 113 km   Zeit: 5,5 h   Geschwindigkeit: 20,5 km/h

Total:
Distanz:
981 km   Zeit: 52,1 h   Ø Geschwindigkeit: 18,8 km/h   Ø pro Tag: 89 km
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Am Morgen will ich zuerst eine Teilrückerstattung des hohen Betrages für den Campground erstürmen, doch man lässt mich warten, und alles Insistieren nützt nichts. Als mir die Zeit zu schade wird, mache ich mich auf meinen Weg, der heute im wesentlichen südlich von Cleveland verläuft.

Der Verkehr ist erwartungsgemäss stark, ausserdem sind auf dem Hwy 82 einige 4-Lanes-Passagen und Interstate-Junctions nicht zu vermeiden. Das ist alles gerade noch erträglich, zumal ich gut vorankomme. Die Alternative wäre die ACA-Route, aber sie ist mir zu lang und zu anstrengend, weil sie sehr viele Umwege und Höhenmeter macht, um dem Verkehr zu entgehen.

Einige Meilen nach Strongsville hört der Hwy 82 auf. Nur dank dem Delorme-Atlas kann ich I 480 vermeiden und auf Nebenstrassen auf die Butternut Ridge Road gelangen. Dort komme ich nach dem Agglomerationsverkehr plötzlich in eine ganz andere Welt: Ich fahre kilometerweise geradeaus über einsame, aber sehr gute Landstrassen an Bauernhöfen vorbei (später Garfield Road), die nur selten von grösseren Strassen in Nord-Süd-Richtung gekreuzt wird.

Der Südwind wird am Nachmittag immer stärker und erschwert das Fahren manchmal sehr. Umso schöner dafür dann, als ich kurz vor Florence in die Strasse Richtung Lake Erie nach Norden einbiege und mit 40 km/h im grössten Gang zum See geblasen werde.

Lake
Nur ein erstes Ende: Ankunft am Lake Erie - gross wie ein Meer.
Die Ankunft am See ist ein erhebendes Gefühl. Ich habe ein erstes grösseres Ziel erreicht, und das erst noch früher als erwartet. Es ist mir wirklich unerklärlich, warum die Nord-ACA-Route nicht an den Lake Erie geht. Der Lake Erie sieht aus wie ein Meer, so gross ist er. Leider ist der Strand mehrheitlich in Privatbesitz und kaum irgendwo öffentlich zugänglich.

Kurz vor Huron finde ich ein witziges Motel, das auch Cabines anbietet (die mit 35 $ erst noch günstiger sind als ein Zimmer im Hauptgebäude). Abends beobachte ich über Toledo ein starkes Gewitter, es blitzt und windet, und ich fürchte, morgen in einen Sturm zu geraten.
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Fortsetzung 12. Tag (Vom Lake Erie zum Mississppi)


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© Robert Stark, San Francisco, USA, 1999